Was für ein schrecklicher Gedanke, oder?! Ich hatte in dieser Woche Geburtstag und habe den Ü30-Club jetzt offiziell betreten – Ü30! Wenn ich an mein Teenager-Ich zurückdenke, dann bin ich ab sofort alt und habe mein Leben natürlich perfekt im Griff; dazu gehört der Job, der mir ein sehr gutes Leben finanziert, der Mann, mit dem ich jetzt schon ein Kind habe, das Haus oder die große Wohnung… STOP!
Bestandsaufnahme:
Ich hatte viele Fantasien und Träume, wie mein Leben mit über 30 aussehen würde. Aber das Leben kam dazwischen. Machen wir doch mal eine Tabula rasa:
Ich habe eine eigene Wohnung. Nicht das große Loft, von dem ich damals träumte, eine kleine schnuckelige Wohnung in einem Bezirk, mit dem ich mich nicht identifizieren kann. Der Traum-Ehemann. Ich habe einen Mann gefunden, der in den nächsten zwei Jahren auch mein Ehemann werden wird. Entspricht er dem damaligen „Traum von einem Mann“ – zum Teil. Aber ich habe mich weiterentwickelt und einen muskelbepackten Körper finde ich schon lange nicht mehr so anziehend wie mit 15 und auf ein dickes Bankkonto kann ich auch wohlwollend verzichten. Denn alles, was ich haben möchte, kann ich mir früher oder später selbst kaufen. Ich brauche keinen Mann, der mir meine Wünsche erfüllt. Ich brauche jemanden an meiner Seite, der mich in den Arm nimmt, wenn es mir mal schlecht geht, der mit mir lacht, wenn ich lustig sein will und für den ich genau dasselbe bin. Kein fehlendes Stück, dass mich vollkommen macht, sondern eine Ergänzung, eine Art „Upgrade“ für ein noch besseres Leben. Aber ich schweife ab…
Kinder. Das leidige Thema, wenn man bei den Omas und Opas zu Besuch ist: „Wann ist es denn so weit?“, „Wartet mal nicht zu lange.“. Habe ich Kinder? Nein. Will ich welche? Ja. Aber nicht jetzt.
Das Leben passiert, während du Pläne schmiedest.
Es gab selten einen Spruch, den ich passender fand. Was hatte ich nicht alles für Pläne. Und dann: BÄM! Koma, todkrank, Krankenhaus, am Ende fast zwei Jahre Leben einfach weg. Wie geht man damit um? Das ist eine unglaublich gute Frage. Man kann die Zeit nicht zurückdrehen oder ein Alternativuniversum aufmachen, in dem man das erlebt, was man verpasst hat.
Man kann die Zeit nicht zurückdrehen oder ein Alternativuniversum aufmachen, in dem man das erlebt, was man verpasst hat.
So sehr ich mir das auch gewünscht habe. Die Zeit war weg. Als ich dann den Entschluss gefasst habe mit einem Studium zu beginnen, begann ich auch langsam wieder zu leben. Ich habe versucht vieles nachzuholen, was ich gedacht habe, verpasst zu haben. Ich weiß nicht, ob ich das geschafft habe. In meiner Realität: ja. Ich habe gelebt, gefeiert, geliebt, wurde verletzt und das alles im Schnelldurchlauf.
Heute blicke ich auf die Zeit zurück und kann sagen, dass ich nichts von dem, was ich getan habe bereue. Gut, die ein oder andere Entscheidung hätte ich vielleicht zwei Mal durchdenken können aber alles, was ich getan habe, hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Und ich finde mich nicht verkehrt.
Die Angst vor dem Altwerden
Eine Angst, von der ich denke, dass sie uns gelegentlich alle überkommt. Habe ich alles erreicht? Was kann ich noch tun? Was will ich noch tun? Wo will ich hin? Das sind alles Fragen, die diese Angst schüren kann, im Speziellen, wenn wir keine Antwort darauf wissen. Bei manchen bricht eine regelrechte Panik aus. Aber ist es denn wirklich so schlimm, den Weg manchmal nicht zu kennen?
Aber ist es denn wirklich so schlimm, den Weg manchmal nicht zu kennen?
Ich hatte eine Phase in meinen Leben, in der ich nicht wusste, wo es lang geht. Sie hat mich stark geprägt. Denn jetzt weiß ich umso genauer, was ich will und was ich nicht will.
Dennoch habe ich Zukunftsangst. Besonders stark wird meine Zukunftsangst aber auch heute noch, wenn ich mich mit anderen vergleiche. Ich sehe, was Person XY schon geschafft hat, wo sie steht und will das auch. Dann schau ich mich an und beginne oft zu zweifeln. Gedanken wie „Du bist jetzt 31 und was hast du bisher geschafft?“, blinken wie riesige Reklameleuchten überall in meinem Kopf. Was ich dann vergesse ist, dass ich, auch wenn ich es versucht habe, die zwei gestohlenen Jahre nicht aufholen kann und konnte. Ja, ich hinke vielleicht hinterher, aber für das, was mir widerfahren ist, bin ich heute schon recht weit. Ich bin selbstständig, ich habe einen wundervollen Partner an meiner Seite, tolle Freunde, eine warme Wohnung und einen vollen Kühlschrank. Sicherlich läuft nicht alles nach Plan. Aber muss das denn immer sein?
Hard Facts
Alle Menschen haben Angst vor dem Altwerden. Das ergab sich unter anderem aus der von IPSOS durchgeführten „IPSOS Global Advisor Online Studie“ bei der in 30 Ländern 20.788 Menschen zwischen 16 und 64 Jahren befragt wurden. 31 Prozent der Befragten in Deutschland haben Angst davor, im Alter zu wenig Geld zur Verfügung zu haben. Dicht danach folgt mit 25 Prozent die Angst vor dem Verlust geliebter Menschen. Fast gleichauf folgt mit 24 Prozent die Angst davor, das Gedächtnis zu verlieren. Weitere Ängste, die in der Studie aufgeführt werden, sind der Verlust der Mobilität, die Angst vor Schmerzen und die Furcht einsam zu sein. [1]
Wir sehen, das sind alles völlig rationale Ängste, die leider auch jederzeit Realität werden können. Und die betreffen mich auch.
Wir sehen, das sind alles völlig rationale Ängste, die leider auch jederzeit Realität werden können. Und die betreffen mich auch.
Insbesondere wenn ich daran denke, dass mein Körper voller "Ersatzteile" ist. Eine künstliche Herzklappe, eine Aortenprothese im Bauch, ein Cochlea-Implantat - alles Dinge, die mein Leben prinzipiell schlagartig beenden könnten, beziehungsweise, die ein Leben im Alter nicht unbedingt erleichtern.
Wie gehe ich mit dem „Altwerden“ um?
Das ist schwierig zu beantworten, da es immer etwas situationsabhängig ist. Im Prinzip freue ich mich aber darauf. Ich denke, jede Lebensphase hat für sich etwas Besonderes und etwas Schönes, was wir unbedingt genießen sollten. Wir sollten aufhören, uns mit anderen zu messen und stattdessen einfach mal im Hier und Jetzt leben.
Mein Ziel ist es, irgendwann mal auf dem Sterbebett zu liegen und sagen zu können „Ich habe alles richtig gemacht!“.
So verbraucht dieser Spruch auch ist, aber wir haben nur diesen einen kurzen Augenblick, der sich unser Leben nennt auf dieser Welt. Und das sollten wir nutzen. Mein Ziel ist es, irgendwann mal auf dem Sterbebett zu liegen und sagen zu können „Ich habe alles richtig gemacht!“.
Quellen:
Wieder ein wunderbarer Beitrag. Und wir sollten wirklich nicht, soviel grübeln und planen sondern, manchmal einfach nur versuchen, unser Leben zu genießen und das beste draus zu machen.